Gerade in den jetzigen Zeiten hört man immer wieder mal, dass man sich über “Notfunk” Gedanken macht. Doch was ist überhaupt gemeint und sprechen wir alle dahingehend eine gemeinsame Sprache?
Notfunk ist nicht gleich Notfunk!
Um es kurz zu machen: Sehr oft gibt es unterschiedliche Herangehensweisen an diesen Begriff von unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung. Alle sind verständlich und auch nachvollziehbar, meinen aber meist unterschiedliche Dinge. Daher sollten wir erst einmal klären wo denn die Unterschiede generell liegen, denn es ist wichtig zu wissen worüber man mit Jemandem spricht.
Funkamateure
Funkamateure sprechen über Notfunk, wenn Sie darüber reden die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (s.g. BOS), also Feuerwehr, THW, Rettungsdienst, usw. mittels ihren technischen Anlagen dahingehend zu unterstützen, dass deren Kommunikationsmöglichkeiten genutzt werden können, sobald eine Notlage dies erfordert. Grundlage hierfür ist das Amateurfunkgesetz (AFuG 1997).
Hobby-Funker
Hobby-Funker, oftmals sind dies CB-Funker, sehen den Bereich des Notfunk eher darin sich autark, mittels selbstgebastelten Funkkoffern, im mobilen oder häuslichen Umfeld, weiterhin kommunikativ über Funk erreichen zu können.
Eine Art Zielsetzung, wie z.B. der Aufbau eines Netzes (siehe Funkamateure) ist flächendeckend, mit Stand Okt. 2022, jedoch nicht geplant.
Nicht-Funker
Mit den s.g. “Nicht-Funkern”, ohne das abwertend meinen zu wollen, ist die Bevölkerungsgruppe gemeint, die bis jetzt noch keinen Bezug zum Thema Funk hatte.
Diese Gruppe setzt Notfunk damit gleich, dass sie ganz allgemein in einer Notsituation über Funk Hilfe herbeirufen können.
Der erste bekannte Fall des Notfunk weltweit war der Fall des italienischen Polarforschers Umberto Nobile im Jahre 1928. Er war auf dem Rückweg vom Nordpol in einen Schneesturm geraten und stürzte nördlich von Spitzbergen ab. Ein Funkamateur aus Russland empfing das SOS der Überlebenden, worauf eine weltweite Rettungsaktion eingeleitet wurde.
Notfunk und die Rolle des DARC e.V.
Der größte Lobbyverband der Funker in Deutschland ist der Deutsche Amateur Radio Club e.V., kurz “DARC e.V.” genannt. Er vertritt eine Vielzahl an Funkern in Deutschland. Dieser hat sich auch zum Ziel gesetzt den Notfunk zu fördern und unterhält sogar ein eigenes Gremium, was unter “Referat Notfunk” die notwendigen Schritte erarbeiten soll um diese dann umsetzen zu können.
Leider hat sich dahingehend wenig getan. Gerade als größter Interessenverband in Deutschland, hätte man die Möglichkeit, mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), oder/und dem Bundesministerium des Inneren (BMI), eine Zusammenarbeit nach AFuG anzustreben. Flächendeckend gibt es dazu aber augenscheinlich nichts Greifbares. Es wurde zwar eine Ausarbeitung erstellt, welche sich in 3 Themengebiete gliedert, aber umgesetzt wurde bis dato nicht wirklich etwas Greifbares um flächendeckend von einem tragbaren Konzept zu sprechen.
Gerade nach dem tragischen Hochwasser-Ereignis im Ahrtal, hätte man aus den Geschehnissen seitens der BOS-Orgas und des DARC e.V. lernen müssen. Zumindest beim DARC e.V. ist man wohl zu dem Entschluss gekommen, dass das bisher favorisierte Modell so in der Praxis nicht funktioniert hat. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Referat Notfunk des DARC e.V. in seiner zukünftigen Arbeit davon beeinflussen lässt.
Video-Tipp: Wie der Behördenfunk (BOS-TETRA) während der Flutkatastrophe im Ahrtal versagt hat (Link) - https://www.zdf.de/politik/frontal/digitaler-behoerdenfunk-versagt-in-der-flut-hochwasser-katastrophe-ahrtal-100.html
Die derzeit beste Lösung – Welfare Traffic
Das einzig Verwertbare m.M.n. ist der s.g. “Welfare Traffic”. Dieser Begriff bezeichnet umgangssprachlich die Übertragung von sozialen Belangen, also so etwas wie die klassische Nachbarschaftshilfe – in unserem Fall bezogen auf die Kommunikation. Dabei bedarf es keinerlei geographischen Kenngrößen und es ist unabhängig in allen Netzen des Jedermannfunk nutzbar und umsetzbar.
Beim Welfare Traffic gibt es viele Beispiele wie diese Nachbarschaftshilfe eingesetzt werden kann. So kann man z.B. nach der betagteren Dame im Nachbarhaus schauen und den, in einiger Entfernung lebenden Angehörigen einen aktuellen Status übermitteln. Ebenfalls denkbar ist ein schneller Hilferuf nach Nachbarn wenn man selber in Not ist, oder eine Notsituation beobachtet.
Gemeinsam ist man in einer solchen Situation immer stärker als allein!
Notfunk um Polizei, Feuerwehr oder medizinische Hilfe zu erreichen?
Hilfe über einen Funkdienst zu einer BOS-Organisation zu senden funktioniert nicht! Es gibt auch gute Gründe warum das nicht funktioniert, genauso wie es gute Gründe dafür gibt warum es funktionieren sollte.
Zum Einen wären die Leitstellen hoffnungslos überlastet wenn jeder kreuz und quer in ein Funkgerät schreien würde, zum Anderen ist selbst bei einem eventuellen Blackout unser Staat kein rechtsfreier Raum und wir sollten uns dahingehend auch an gewisse Grundlagen des menschlichen Verstandes erinnern.
Vorbildprojekt im Landkreis Soest – Bürgernotfunk
Natürlich steht aber die berechtigte Frage im Raum, wie ich denn in einer Notlage sonst Hilfe rufen könnte. Dazu gibt es derzeit keine flächendeckende Lösung. Die interessanteste Herangehensweise dazu verfolgt derzeit der Landkreis Soest. Dieser Landkreis in Nordrhein-Westfalen hat eine Lösung genau für dieses Problem entwickelt und ruft die Bürger zur Teilnahme auf.
Das Prinzip dahinter ist einfach – bei einem Blackout werden umgehend in den Feuerwachen der Kommunen des Landkreis Soest s.g. “Leuchttürme” errichtet, also Anlaufstellen für Bürger:innen. Diese beinhalten auch s.g. “Bürgernotfunkstellen”, wo man mittels PMR-Funkgeräten Hilfe rufen kann und von der Feuerwehr dann an die Leitstellen weitergeleitet werden. So schafft man ein alternatives Kommunikationsnetz unabhängig vom Stromnetz.
Zugegeben, das System hat auch noch Schwachstellen, aber es sollte funktionieren. Zudem zeigt es sehr anschaulich, mit welch relativ einfachen Lösungen, dem Bürger in einer Notsituation die entsprechende Hilfe zukommen lassen kann.
Warum bis zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Landkreise diese Lösung umgesetzt haben, erschließt sich nicht. Flächendeckend gibt es so etwas gleich gar nicht.
Link zur Website: https://www.kreis-soest.de/sicherheit-ordnung/alle-themen/buergernotfunk
Notfunkübungen und wozu man das Ganze braucht
Wie bei allen praktischen Fähigkeiten gilt auch hier: Üben! Üben! Üben!
Es gibt viele Dinge, die beim Funken schiefgehen können. Zum Beispiel kann das Band hoffnungslos überlastet sein – was dann? Auch die Restladung des Akkus kann einem einen Strich durch die Rechnung machen. Empfange ich meinen gewünschten Gesprächspartner überhaupt und kann er mich empfangen? Ist mein Standort korrekt? Alle diese Fragen können schnell die Lust zum Frust machen. Aus diesem Grund werden in unregelmäßigen Abständen s.g. “Notfunkübungen” abgehalten.
Das Prinzip dahinter ist simpel. Es soll geprüft werden wie die Verständigung ist, wen ich alles hören kann und wer mich, ob mein Funkgerät funktioniert und ob ich die wichtigsten Dinge daran bedienen kann und last but not least, wie man mit vielen Menschen auf einem Kanal eine vernünftige Konversation führen kann.
Leider ist deren Durchführung einigen engagierten Funkern zu verdanken, die das Ganze passioniert auf die Beine stellen. Manchmal ist es nur lokal, manchmal wird versucht das bundesweit zu organisieren. Das eine solche Übung seitens der Sicherheitsbehörden des Bundes oder der Länder durchgeführt wurde und wird, dazu liegen keinerlei Erkenntnisse vor. Auch der DARC e.V. hält sich da eher bedeckt. Sollte eine solche Übung angedacht sein, wird darüber hier bei den News berichtet.